Valchiavenna: Von Fraciscio zu den tiefblauen Seen über der Alp Angeloga

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Gebiet Valchiavenna (Italien)
Startpunkt Fraciscio (1300 m, Parkplatz)
Anfahrt vom Splügenpass oder von Chiavenna über Campodolcino ins Seitental von Fraciscio
höchster Punkt 2391 m
Gesamtanstieg 1200 Höhenmeter
Gesamtstrecke 4:30 h
Anspruch einfach (T2, Bergwandern)
zu Beginn breiter Weg, gefolgt von teils steilen, teils steinigen, aber auch teils beschaulichen Wanderwegen, am Umkehrpunkt bei den Seen zum Teil weglos
Datum 11.10.2007 (Do.)
Route Campodolcino Fraciscio (1300 m, Parkplatz) Alp Angeloga (2039 m) Paso dell´ Angeloga (2391 m) Lai Ballon Lago Nero, Lago Caldera (ca. 2350 m) Alp Angeloga Fraciscio

 

Bild 1:

Anfang Oktober zeichnet sich ab, dass es einige Tage stabiles und angenehm sonniges Herbstwetter geben wird. Kurz entschlossen nehme ich mir einige Tage Auszeit von Arbeit, Heim und Herd und fahre in aller Herrgottsfrühe in den Süden. Morgens auf der Autofahrt ist es noch dicht bewölkt, neblig und daher auch gleichzeitig scheußlich kalt. Selbst die Zöllner am Splügen machen zu dieser Tageszeit noch keine Anstalten, ihr Zollhäuschen zu verlassen und winken alle durch. Kurz hinter dem Pass macht sich bereits eine hellere Stelle am Himmel bemerkbar und bei Montespluga hat sich der Nebel vollständig gelichtet und einem südlich-blauen Himmel Platz gemacht. Um anzuhalten und die berühmte Tasse Espresso im Freien zu trinken, ist es bei Null Grad aber doch noch zu frisch. Zu sehen ist, dass es die Feuchtigkeit gerade noch schafft, wabernde Nebelfetzen über den Pass zu drücken, wo sie sich dann im ständig wechselnden Formenspiel rasch auflösen.

 

Bild 2:

Bei einem kurzen Halt an der Staumauer des Lago di Monte Spluga geht der Blick über den See zurück Richtung Montespluga (Ausläufer) mit der entsprechenden Hintergrundskulisse. Zum Abschluss des viertägigen Trips führt die letzte Etappe hoch zum Lago Azzurro, der sich hinter der Einbuchtung auf der rechten Bildseite auf etwa 2450 m verbirgt. Der Weg hoch über Wiesen und Gesteinsfelder ist andeutungsweise zu erkennen.

 

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Bild 5:

Weiter geht´s Richtung Süden. Isola lasse ich links liegen und fahre die Serpentinen hinunter nach Campodolcino, wo die Straße hoch nach Fracisco (1300 m) abzweigt. In Fracisco bleibt das Auto stehen, und ich mache mich - inzwischen ist es gerade einmal 10:00 Uhr - auf den ersten Fußmarsch. Zunächst auf Asphalt, dann auf einer teils recht steilen Schotterstraße, was schon Böses erahnen lässt. Zum Glück trügt die Vermutung, das Sträßchen würde bis zur Rif. di Chiavenna hochführen. Es endet an einem kleinen Stauwehr und geht in einen breiten Bergweg über.

Bald danach öffnet sich ein Talkessel, der scheinbar an allen Stellen abgeschlossen und unüberwindbar ist. Doch schon biegt ein schmalerer Pfad vom Weg ab und führt über einen Schutthang, am Rande eines Gebirgsbaches, rasch in die Höhe. Je höher man kommt, desto mehr weitet sich auch der Blick. Hier der Blick nach Westen zu der vertrauten Berglandschaft über Campodolcino.

Der Hauptanstieg ist nun bewältigt und wird durch eine Hangquerung im Bergellstil abgelöst. Bald ist der Durchgang, der aus dem Talkessel heraus führt, erreicht und es beginnt der Schlussanstieg zur dahinter gelegenen Ebene.

 

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Noch mal der Blick nach Westen: Starleggia und die darüber liegende Berge

 

Bild 8:

Nun ist die Alpe Angeloga auf etwa 2100 m erreicht. Der Blick nach Westen verschließt sich, die Aussicht richtet sich nun nach Osten und Süden. Ich weiche etwas vom Weg ab und steige weglos auf einen Hügel über der Alpe Angeloga, der mir eine gute Aussicht zu versprechen scheint.

Die Lärchen hier oben haben ihr Haarkleid bereits vollständig abgeworfen. Interessant ist, dass die emporstrebenden Stämme stets vom einem Gestrüpp an eng am Boden anliegenden Trieben umgeben sind. Ob diese buschige Version für die Lärchen so etwas wie eine Lebensversicherung für den Notfall ist?

 

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Bild 10:

Reste der alten Materialseilbahn

 

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Bild 13:

Die Sonne ist nun schon so kräftig, dass es eine Wohltat ist, sich von ihren Strahlen wärmen zu lassen. So liege (und hole einen Teil des versäumten Schlafes nach) ich hier mehr als eine Stunde, mit der Absicht, mich nicht all zu sehr zu überanstrengen und später einfach wieder abzusteigen. Aber es kommt anders. Von weitem lockt der Gipfel des markanten Piz Stella (3163 m), der über seine Flanke und den abgebildeten Westgrat gut zu erklimmen ist. Aber das kommt an diesem Tag wegen der fortgeschrittenen Tageszeit und der Schneelage leider nicht in Frage. Auch ziehen schon immer wieder einige Wolkenfelder durch.

 

Bild 14:

Statt zum Piz Stella richtet sich das Begehren nun auf die über der Alpe Angeloga gelegenen Seen. Eine Möglichkeit, sie zu erreichen, ist, über diese Flanke aufzusteigen.

 

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Alpe Angeloga ...

 

Bild 16:

... und der gleichnamige See

Nun packt mich der Ehrgeiz. Zunächst nur schlendernd geht es querfeldein, bis ein Einschnitt es erforderlich macht, den Weg genauer auszusuchen. Vorbei geht es zunächst an sumpfigen Wiesen und danach festen Schrittes steil in einem Bachlauf aufwärts, bis der offizielle Weg gefunden ist.

 

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Bild 18:

Nun biegt der Weg - nach doch eher gemächlichem, aber wegen der Felsblöcke trotzdem anspruchsvollen Anstieg - nach Norden in die Bergflanke zum Endanstieg ein. Die Wege stammen teilweise noch aus der Zeit der gut angelegten Saumpfade.

 

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Bild 20:

Oben angelangt faszinieren bizarre Formen das Auge

 

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Bild 23:

Der höchste Punkt in diesem Abschnitt wird durch ein riesiges Steinmandl, dem zu Füßen ein erster kleiner See liegt, markiert. Doch der soll nicht der einzige bleiben. Ein paar Meter weiter bietet sich ein phantastischer Ausblick: Neben dem großen, hier abgebildeten See Lai Caldera, fesseln eine Reihe weiterer kleinerer Gewässer rund herum, alle auf etwa 2350 m Höhe gelegen, den Blick.

Vom Lai Caldera fließt ein kleineres Bächlein in den nächsten, etwas größeren See (zur Linken, nur teilweise sichtbar), den Lai Nero. Dem Ufer nach zu urteilen, scheint es sich um einen künstlich gestauten See zu handeln. Die Seengesamtzahl beläuft sich schon jetzt auf fünf!

 

Bild 24:

fein geschichtetes und verfälteltes Gestein (Ausschnitt: ca. 50 cm Breite.)

 

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Seen Nr. 7 - 10, davon drei, die sich fast berühren (See Nr. 6 ist nicht abgebildet)

 

Bild 27:

das Dreiergestirn

 

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Friedlich und beschaulich liegen sie nebeneinander, getrennt durch eine schmale Barriere, und trotzdem durch eine schmale "Nabelschnur", durch die das Wasser abließen kann, miteinander verbunden. Der Wind bewegt zärtlich die Oberfläche.

 

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Bild 30:

Weiter geht es über Stock und Stein, bis einige Bauwerke und Metallmasten zum Vorschein kommen, die alle schon mal bessere Zeiten erlebt haben.

Hier der schon als Ausläufer erspähte See Nr. 10. Im Gegensatz zum Lai Nero und Caldera fließen die Seen hier in den Lago di Lei und damit in den Rhein und schließlich in den Atlantik, während die Gewässer jenseits der Wasserscheide in das Mittelmeer entwässern.

 

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Bild 32:

Der letzte größere See, Nr. 11, der Lai Ballone, dahinter der von Madesimo aus als Skiberg genutzte, aber auch erwanderbare Piz Groppera (2948 m).

Kurz darauf kommt ein altes, verfallendes Wasserkraftwerk zum Vorschein und erklärt die verrosteten Strommasten.

 

Bild 33:

Und da ist endlich das Ziel erreicht: Der freie Blick ins Valle di Lei mit seinem gleichnamigen Stausee.

 

Bild 34:

Lago di Lei, Nordende mit Staumauer.

Die Wanderwege entlang der Ufer, bzw. im Hang sind deutlich zu sehen.

 

Bild 35:

Ein letzter Blick auf die Berge jenseits des Sees ist noch fällig. Hier zu sehen ist der südlich des Stausees gelegene Cima da Lägh (3083 m), sowie mehrere Gletscherreste. Über den Taleinschnitt verläuft über den Passo di Lei ein alter Saumpfad, der auf direktem Weg nach Savogno und ganz hinunter ins Bergell führt.

Nun ist es bereits halb vier und es ist abzusehen, dass es kälter und bald dunkel werden wird, und so ist es höchste Zeit umzudrehen. Nun rächt sich das Bummeln vom Vormittag. Aber noch ist es drei Stunden hell.

 

Bild 36:

Ich umrunde den Lai Ballone, um auf einen schon ausgespähten Pfad für den Rückweg zu gelangen. Zunächst muss dazu die steile Flanke am Nordufer des Sees erstiegen werden, danach geht es immer höher, bis plötzlich gar nichts mehr geht und sich ein steiler Abbruch auftut. So bleibt nichts anderes übrig, als schräg abzusteigen und in Kauf zu nehmen, ein Stück an Höhe zu verlieren. Damit ist die Seeumrundung unfreiwillig komplett. Was sich als Pfad getarnt hatte, war ein ausgewaschenes Flussbett gewesen.

Nach der Seeumrundung: Das Südende des Lai Ballone; ein kleinerer See, der See Nr. 12 ist ebenfalls zu erkennen. Im Hintergrund wiederum die Gletscher.

 

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Aber dennoch stoße ich bald auf den regulären Weg, von dem ich aber noch mal zu diesem Holzkreuz abzweige.

 

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Bild 39:

Vom Holzkreuz aus ist es nicht mehr weit zum höchsten Punkt an dieser Stelle, der einen Blick auf einen letzten See, Nr. 13, freigibt (hier nicht abgebildet). Nun geht es weiter auf dem Rückweg, vorbei an den schon besuchten Seen. bis zum Lai Nero, dem Stausee. Hier gäbe es die Möglichkeit, direkt zur Alpe Angeloga abzusteigen. Das ist mir aber nicht ganz geheuer, und so wähle ich den selben Abstiegsweg, auf dem ich schon hochgekommen bin.

 

Bild 40:

Der Blick richtet sich nun wieder Richtung Süden, dem Abstiegsweg, wo sich der Piz Stella hinter Nebelfetzen verbirgt.

 

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Lai Caldera

 

Bild 42:

Schneefiguren

 

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Bild 44:

Nun richte ich mich am Steinmandl aus und gehe darauf zu, in der Hoffnung, wieder auf die Wegspur für den Abstieg zu stoßen. Doch plötzlich bin ich an der Abbruchkante angelangt, wo es nicht weiter geht. Viel zu weit ausgeholt muss ich ein ganzes Stück an der Kante entlang zurück laufen, bis die Gegend wieder etwas vertrauter erscheint und ich den Einstieg zum Abstieg erkenne.

Und noch ein See, wenn man den Tümpel so bezeichnen darf, und damit lassen wir die Unglück bringende Zahl von 13 Seen hinter uns.

 

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Der noch sichtbare Saumpfad. Ob das noch Reste des ursprünglichen Saumpfades oder erst im 20. Jhdt. errichtete Wanderwege sind, vermag ich nicht zu beurteilen.

 

Bild 48:

Alpe Angeloga, hinter Felsen vor zerstörerischen Lawinen geschützt

 

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Noch mal ein kurzer Blick zurück, dominiert vom schon gezeigten 3000er, dem P. Stella.

 

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Bild 53:

Schon im Winterschlaf: Das Rifugio Chiavenna

 

Bild 54:

Eines der wenigen noch zu dieser Jahreszeit bewohnten Häuschen; hier lebt der Schafhirte.

 

Bild 55:

Nun heißt es wirklich Abschied nehmen. Die Tourenzeiten in Italien scheinen mit heißer Nadel gestickt zu sein; denn für den Aufstieg von Fracisco waren gerade mal 1 1/4 Stunde veranschlagt gewesen; in der Zeit schaffen wohl nur die wenigsten 750 Höhenmeter.

 

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Beim Abstieg liegt in dem weichen Licht eine herrliche Herbststimmung in der Luft.

 

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Bild 59:

Die (leichte), etwas ausgesetzte sonnenbeschienene "Schlüsselstelle" beim Abstieg.

 

Bild 60:

Der Schmetterling speichert noch die letzten wärmenden Strahlen der versinkenden Sonne.

Leider liegt der nun folgende Abstiegsweg gänzlich im Schatten. Aber nach kurzer Zeit und noch mit dem letzten Tageslicht erreiche ich das in Fracisco abgestellt Auto wohlbehalten wieder. Weiter geht es nun hinunter nach Chiavenna und dann noch eine Viertel Stunde hoch zur italienisch/ schweizerischen Grenze, wo im Altavista schon eine warme Dusche und eine leckere Pizza mit anschließenden Vermicelles wartet.