Aravis und Vanoise 2004, Tag 1

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Gebiet Hochsavoyen (Frankreich)
Startpunkt Col de la Forclaz (1 526 m)
höchster Punkt 1550 m
Gesamtanstieg -
Gesamtstrecke -
Anspruch einfach (T1, Bergwandern)
Datum 26.08.2004 (Do.)
Route Col de la Forclaz (1526 m)

 

 

Bild 1:

Das Wetter ist an diesem Donnerstagmorgen noch nicht sehr viel versprechend. Trotzdem packe ich meine Habseligkeiten, einschließlich Zelt, Schlafsack und einiges an Verpflegung ins Auto. Anders als geplant verzögert sich aufgrund des Wetters aber die Abfahrt, die ansonsten bei solchen Unternehmungen so früh wie möglich angesetzt ist. Um 9 Uhr ist es dann endlich so weit. Über wohlbekannte Strecken geht es zunächst nach Martigny, wo noch mal das günstige Schweizer Benzin nachgetankt wird.

Irgendwas muss mich an diesem Tag geritten haben, denn zweimal habe ich mich auf diesem Autobahnabschnitten verfahren, obwohl mir die Strecke selbst fast so vertraut erscheint wie die sprichwörtliche Westentasche. Zum einen gerate ich in Zürich bei der Verzweigung Kloten, unversehens nicht Richtung Basel, sondern auf eine Ausfahrt, die in irgendein Dorf führt. Zum zweiten verpenne ich bei der Gabelung hinter Bern die Abfahrt Richtung Montreux und lande unversehens auf der längeren Parallelstrecke nach Lausanne. Beide Unaufmerksamkeiten sind aber glücklicherweise recht einfach zu korrigieren.

Wie schon viele, viele Male verschwindet erst beim Aufstieg von Martigny zur Passhöhe das Alltagsgefühl und macht einer euphorischen Stimmung der Freiheit und des Abenteuers Platz, die von Passstraßen ausströmt, auch wenn sie noch so stark befahren sind. Aber im Unterschied zu den eintönigen Autobahnen verleihen sie ein Gefühl, angekommen zu sein.

Inzwischen hat es auch aufgehört zu regnen; trotzdem sind die Temperaturen für Ende August immer noch mehr als bescheiden.

Noch liegt aber ein langes Stück Weges vor mir. Einige Autos und Kleinlaster lasse ich vorbei ziehen, um in gemächlicher Fahrt die altvertraute Strecke, die sich zunächst in vielen Kehren und dann in langsamem Aufstieg emporschlängelt zu genießen. Am frühen Nachmittag ist die Passhöhe, der Col de Forclaz erreicht. Trotz der schlechten Bedingungen und des Nebels ist der Parkplatz gut belegt, aber es sind nur ganz vereinzelt Wanderer unterwegs.

Ich packe meine Halbschuhe aus, denn ich habe nur eine gut einstündige Wegstrecke auf flachem, leichten Gelände vor. Der Weg führt entlang einer alten Wasserleitung, die zum ersten Mal, seitdem ich sie kenne, richtig Wasser führt. Wenn die Wolken kurz aufreißen, sieht man, dass es auf den Gipfeln letzte Nacht geschneit hat; die Bergspitzen sind bis herunter auf etwa 2 300 m mit Neuschnee überzuckert.

Der Weg führt immer am Hang entlang, vorbei an einer alten Bergwerkslore, die dort von alten, mühseligen Erzfördertagen berichtet. Nach einer dreiviertel Stunde ist die angepeilte Stelle erreicht: ein senkrechter Felsen, direkt am Weg, eher schattig und jahraus, jahrein von etwas Wasser, das den Fels hinunter läuft, feucht gehalten. In dieser fast nackten feuchten Wand finden Fettkräuter ideale Bedingungen und kaum Konkurrenz. Andieser Stelle wächst Pinguicula vulgaris, auf etwa 1 550 m Höhe.

Im Frühjahr hatte ich eine Restpopulation von nur noch 13 Exemplaren vorgefunden. Jetzt im Hochsommer war die Sensation perfekt: Viele der letztjährigen Samen waren gekeimt und eine Fülle von Nachwuchs hatte sich eingestellt. Die erwachsenen Pflanzen hatten eine gesunde Farbe und kräftige lange Blätter. Hoffentlich kann sich die Population dadurch wieder erholen. Das nächste Jahr wird also spannend.

 

Bild 2:

Pflanzengruppe.

In der Mitte, leicht in den Moosbelag eingesenkt, ist schon die Bildung der Überwinterungsknospe zu sehen. An den Blättern lässt sich der Erfolg als Fliegenfänger deutlich ablesen.

 

Bild 3:

Blick nach Westen. Der trübe Tag gab den Blick auf die Gipfel nur an wenigen Augenblicken frei, auch der Col de Balme liegt im Nebel verborgen.

Nach der Rückkehr zumCol de Forclaz geht es gleich weiter über Argentiere und Chamonix nach Megève. Kurz vor Megève finde ich einen noch geöffneten Campingplatz und verbringe dort - direkt unter einer Hochspannungsleitung, neben einer Seilbahn und in Hörweite der vielbefahrenen Straße - eine trotzdem geruhsame Nacht.